Eigenverantwortliches Lernen fördern

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Worum geht es?
Der Wissenschaftsrat hat im Mai 2022 ein neues Positionspapier zur Zukunft der Lehre herausgegeben. Darin wird gefordert, Studierenden mehr eigenverantwortliches Studieren zu ermöglichen, indem Lehrzeit und summative Prüfungen reduziert werden, sodass mehr Betreuungszeit für Gruppen- und Einzel-Mentoring durch Lehrende geleistet werden kann.

Aber um eigenverantwortlicher lernen zu können, benötigen unsere Studierenden die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen (Otto et al., 2011; Panadero, 2017), doch diese sind sehr heterogen in unserer Studierendenschaft verteilt (Metzger et al., 2012). Insbesondere das Aufschieben von Studienaufgaben ist stark verbreitet (Schleider & Güntert, 2009) und korreliert mit schlechteren akademischen Leistungen (Richardson et al., 2012) sowie vermehrten Studienabbruchintentionen (Bäulke et al., 2019).

Viele unserer Studierenden brauchen Unterstützung und wir haben sowohl im Unterricht als auch in unseren Sprechstunden die Möglichkeit, sie bei der Weiterentwicklung ihrer Selbststeuerung zu fördern.

Warum lohnt es sich, dies umzusetzen?
Weil es auch im Interesse der Hochschulen, Fachbereiche und Institute ist, dass unsere Studierenden das Studium erfolgreich und in der Regelstudienzeit abschießen. Zu hohe Langzeitstudierenden- und Abbruchquoten können in Niedersachsen z.B. zu Kürzungen im Wettbewerb um leistungsbezogene Mittel führen.

Im Folgenden finden Sie zum einen konkrete Anregungen, wie Sie eigenverantwortliches Lernen fördern können. Am Seitenende haben wir für Sie zum anderen konkrete Praxistipps hinterlegt.

Selbstorganisation als Lernziel

Sie kennen das: Studien- und Arbeitsmodelle werden flexibler und Individualisierung wird zunehmend bedeutsamer. Für Studierende heißt das, dass starke Kompetenzen in der Setzung und Verfolgung individueller Ziele erforderlich sind. Diese Kompetenzen können nicht als gegeben vorausgesetzt werden, sondern müssen sorgfältig als bedeutsame Lernziele bei allen Lerngelegenheiten verfolgt werden. Sie sind zum einen wesentlich für den Studienerfolg in flexibilisierten digitalen Lernumgebungen, besitzen zum anderen auch über das Studium hinaus einen hohen Stellenwert. Lehrende können die Studierenden beim Erwerb derartiger Kompetenzen unterstützen. Diesbezüglich sei bereits an dieser Stelle gesagt: Neben der Notwendigkeit, die richtigen Lernmethoden und -strategien zu finden, können digitale Tools Studierende bei der Zielverfolgung und damit in der selbstgesteuerten Gestaltung ihres Studiums unterstützen.  

Selbstreflexion als Prüfungsbestandteil

Prüfungen an Universitäten beschränken sich in vielen Fällen auf eine reine Abfrage von Wissen. Bei dem in kürzester Zeit angeeigneten Wissen handelt es sich meist nur um auswendig gelernte Informationen, die zu keinem nachhaltigen Lerneffekt führen, sondern oft kurz nach der geforderten Prüfungsleistung wieder vergessen werden. 

Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, bieten sich kompetenzorientierte Ansätze an – beispielsweise, indem selbstreflexive Anteile in Prüfungen integriert werden. Selbstreflexion stellt einen wichtigen Baustein dar, um Studierenden ein besseres Verständnis für Wissenszusammenhänge zu ermöglichen und ihren eigenen Lernprozess anzuregen. Alternative Prüfungsansätze wie z.B. Portfolioarbeit können Fortschritte und Entwicklungen von Lernenden im Laufe einer Veranstaltung sichtbar machen, nachhaltig Wissen fördern und zur Reflexion des individuellen Lernprozesses beitragen.

Selbstinitiierte Vernetzung

Die Coronapandemie hat allen Akteur*innen der Universität vor Augen geführt, wie wichtig Interaktion und Kommunikation im Studium sind: Viele Studierende haben gerade die Isolierung und die Reduzierung von Austausch als demotivierend empfunden. Es fehlte der Dialog sowohl zwischen Studierenden als auch mit Lehrenden.

Selbstorganisation im Studium beinhaltet u.a. die selbstinitiierte Vernetzung (sowohl fachintern als auch -extern). Diese Vernetzung kann während der Präsenzzeit von Veranstaltungen, aber auch außerhalb dieser stattfinden. Sie betrifft auf sozialer Ebene den Kontaktaufbau zu Kommiliton*innen und auf inhaltlicher Ebene z.B. die Gründung von Lerngruppen.

Digitale Tools können diese Prozesse initiieren und unterstützen. Adäquate Kommunikationsmittel bereitzustellen und Kommunikationskulturen zu etablieren ist hierbei genauso bedeutsam wie die Sensibilisierung für die Wichtigkeit solcher Vernetzungen.

Praxistipps: Wie Sie eigenverantwortliches Lernen fördern können

Hier finden Sie eine Sammlung von Praxistipps, mit denen Sie die Ideen mit unterschiedlichem Aufwand (Mini, Midi, Maxi) in Ihrer Lehre umsetzen können.

Klicken Sie auf das Bild, um sich durch alle Praxistipps zu navigieren. Sie gelangen jeweils zum nächsten Tipp, indem Sie auf die Pfeiltasten an der Seite klicken.

Bitte beachten Sie: Die auf den Praxistipp-Karten enthalten Links können Sie in der Bildergalerie nicht anklicken.

Alle Tipps finden Sie auch gebündelt in der Praxistipps PDF-Datei ‚Eigenverantwortliches Lernen‘.

Wir stellen Ihnen diese Sammlung als Open Educational Ressource (OER) unter der CC BY 4.0 Lizenz zum Download, zur freien Weiterverbreitung und zum Remixen zur Verfügung.

Good Practice Beispiele: Wie Sie eigenverantwortliches Lernen fördern können

Hier finden Sie Beispiele von Lehrenden der UOS, die ihr Lehrkonzept kurz vorstellen und ihren Erfahrungsschatz mit ihnen teilen.

Klicken Sie auf das Bild, um sich durch alle Beispiele zu navigieren. Sie gelangen jeweils zum nächsten Beispiel, indem Sie auf die Pfeiltasten an der Seite klicken.

Bitte beachten Sie: Die auf den Karten enthalten Links können Sie in der Bildergalerie nicht anklicken.

Alle Beispiele finden Sie auch gebündelt in dem PDF „Good Practice Beispiele: Wie Sie eigenverantwortliches Lernen fördern können“.

Literatur

Bäulke, L., Eckerlein, N. & Dresel, M. (2018). Interrelations between motivational regulation, procrastination and college dropout intentions. Unterrichtswiss, 46, 461–479.https://doi.org/10.1007/s42010-018-0029-5
Metzger, C., Schulmeister, R. & Martens, T. (2012). Motivation und Lehrorganisation als Elemente von Lernkultur. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 7, 3, 36-50.
Richardson, M., Abraham, C. and Bond, R. (2012) Psychological Correlates of University Students’ Academic Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Psychological Bulletin, 138, 353-387. http://dx.doi.org/10.1037/a0026838
Schleider, K. & Güntert, M. (2009). Merkmale und Bedingungen studienbezogener Lern—‐ und Arbeitsstörungen – eine Bestandsaufnahme. Beiträge zur Hochschulforschung, 31,2, 8—‐28.
Wissenschaftsrat (2022): Empfehlungen für eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre. Köln 2022. Download-Link.