Mediendidaktische Tipps: Multimediales lernförderlich gestalten

Von bebilderten PowerPoint-Folien bis zu interaktiven Lernvideos – die digitalen Möglichkeiten erlauben es, eine Vielzahl multimedialer Lernangebote zu gestalten. Allerdings ist weniger oft mehr, denn: Unser Arbeitsgedächtnis ist begrenzt. Wir sollten es beim Lernen so wenig wie möglich mit lernirrelevanten Inhalten belasten.

Multimediale Gestaltungsprinzipien helfen bei der Entwicklung von Angeboten, bei denen der Lerninhalt und nicht die Technik im Fokus steht. Die lernförderliche Wirkung der Prinzipien wurde mehrfach empirisch belegt (Mayer, 2021).

Viele der Prinzipien sind vor allem für Noviz*innen eines Lerngebietes sinnvoll, da sie durch Struktur und Ordnung die wichtigsten Lernelemente hervorheben helfen. Fortgeschrittenen Lerner*innen können Sie jedoch mehr Komplexität in multimedialen Lernangeboten zumuten, damit sie durch eigene Strukturierungen dazulernen. 

Einen empirisch fundierten vertiefenden Einblick zu den Gestaltungsprinzipien am Beispiel von Lehrvideos finden Sie in diesem YouTube-Video der AG Psychologe und Lehr-Lern-Forschung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik.

Einfach umzusetzende Gestaltungsprinzipien

Personalisierung

Es ist günstig, Lernende in Videos, Audios, in Skripten und in Vorträgen persönlich zu adressieren und alltagsnahe Sprache zu verwenden. Das fördert die Aufmerksamkeit und das Lernen (Mayer, 2021).

Wenn Sie die Aufmerksamkeit und das Lernen Ihrer Studierenden fördern möchten, dann sprechen Sie sie in Texten, Videos und Audios direkt an, indem Sie Personalpronomen verwenden. So wie wir Sie hier direkt ansprechen.

Segmentierung – Struktur anbieten

Achten Sie darauf, komplexe Lerneinheiten in überschaubare Segmente zu unterteilen. Dies lässt sich in Lernmodulen z.B. über Inhaltsverzeichnisse realisieren. Bei Videos und Audios bieten sich Playlisten mit Zeitstempeln an (siehe unten stehende Abbildung).

Segmentierungen helfen vor allem Noviz*innen, die über wenig Vor- und Strukturwissen zu einem Thema verfügen. Bei fortgeschrittenen Lernenden kann Segmentierung jedoch lernhemmend wirken, da diese durch ihr Vorwissen in der Lage sind, komplexes Material selber zu strukturieren (Mayer, 2021).

Links ist ein Inhaltsverzeichnis aus einem Courseware-Lernmodul zu sehen, das die Inhalte eines Kurses mit Titel "Einführung in die spanische und hispanoamerikanische Literaturwissenschaft" in 8 Unterkapiteln enthält. Rechts ein Screenshot eines YouTube-Videos zu Urhberrecht in der Onlinelehre, davor ein Screenshot mit der Playlist des Vortrags in der alle Vortragsabschnitte mit Zeitmarken aufgeführt sind.

Kohärenz – Weniger ist mehr

Zur Schaffung von Kohärenz sollte alles vom Lernstoff Ablenkende vermieden werden: Verzichten Sie bei Folien, Lehrvideos und Lernmodulen soweit wie möglich auf schmückende Hintergrundbilder, Logos sowie auf sich wiederholende lernirrelevante Informationen in Fuß- und Kopfzeilen.

Zudem sollten Sie auf Folien besser Schlagworte zeigen, die Sie im Vortrag erläutern. Vermeiden Sie ausführliche Texte, die Sie paraphrasieren (siehe dazu auch den Abschnitt „Redundanz vermeiden“).

Beispiele für nicht-kohärente vs kohärente Foliengestaltung

Zu viele lernirrelevante Bilder und Informationen

Eine digitale Folie, die im obren Bereich Logos der Universität Osnabrück, der StIHL-Stuftung sowie des Ideenpools der Uni Osnabrück enhält. Rechts oben udn links unten sind 2 gelbe Schmuckbalken. In der Fußzeile sind die Autorinnennamen und der Titel des Vortrags ausgeschrieben. In der Mitte der Folie steht Kohärenzprinzip, darunter in Bulletpoints Ablenkendes vermeiden: Hintergrundmusik, Schmuckbilder. Logos und Dekoratives auf PPTX-Folien

Verzicht auf Schmückendes – Fokus auf Lerninformationen

Digitale Folie ohne Schmuckelemente, es steht nur der Inhalt auf der Folie: Kohärenzprinzip, dann in Bulletpoints: Ablenkendes vermeiden, Hintergrundmusik, Schmuckbilder. Logos und Dekoratives auf PPTX-Folien

Zu viel ausgeschriebener Folientext

Grafik einer digitalen Folie auf einem Computermonitor, in der Titelzeile der Folie steht "WEniger ist mehr - gute Folien gestalten", darunter befindet sich in Bulletpoint ausgeschrieberner Text, sodass die Folie voll geschrieben ist

Vortragsrelevante Schlagworte

Grafik einer digitalen Folie auf einem Computermonitor, in der Titelzeile der Folie steht "Weniger ist mehr - gute Folien gestalten", darunter befindet sich in Bulletpoint einzelne Schlagworte zur Vortragsunterstützung, die Folie ist übersichtlich

Signalisierung – Wichtiges hervorheben

Bei der Signalisierung heben Sie Relevantes für den Lernprozess hervor, wie z.B. in einer Legende die Bedeutung von farbigen Abbildungselementen durch korrespondierende Farbunterlegung der Beschreibungen.

In einem Vortrag heben Sie die Folienelemente, die Sie gerade erläutern, durch Markierungen hervor, wie z.B. rote Kästen. Dadurch lenken Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Lernenden und der rote Faden geht nicht verloren.

Digitale Folie mit Titel Beanspruchung (Load), die links eine Abbildung enthält, die aus einem dünnen grauen Kasten, einen größeren grünen Kasten und einen sehr schmalen roten Kasten besteht. Im Textfeld rechts neben der Abbildung werden die Bedeutung der farbigen Kästen im Fließtext erläutert.
Grafik mit Titel "Verarbeitung von Multimedia-Inhalten beim Lernen. Links stehen unter der REbrik Multimedia Lerninhalte zwei Kästen ("Worte" und "Bilder). in der Mitte unter der Rubrik Arbeitsgedächtnis steht eine weiterer Kasten mit den Begriffen auditiv und visuell, diese sind durch Pfeile miteinander verbunden. Rechts unter der Rubrik Langzeitgedächtnis steht ein Kasten mit Titel "Vorwissen" und zwei weiteren Kästen ("niedrig" und "hoch"). Der Kasten Vorwissen ist mit einem roten Kasten hervorgehoben.

Kontiguität – Informationsnähe gestalten

Bei der zeitlichen Kontiguität geht es darum, dass in einem Vortrag oder in einem Lernvideo der gesprochene Text sich auf das bezieht, was aktuell im Bild zu sehen ist. Vermeiden Sie möglichst Erläuterungen wie „Das sehen wir gleich noch auf einer der nächstne Folien“ oder „Das haben Sie vor 5 Minuten bereits gesehen“. Zeigen SIe die Information besser noch einmal, damit das Arbeitsgedächtnis nicht durch das Wiedererinnern oder Antizipieren dieser belastet wird.

Bei der räumlichen Kontiguität geht es darum, Beschriftungen  von Elementen in Diagrammen und Infografiken möglichst im Bild direkt an den zu bezeichnenden Stellen zu platzieren und nicht in separate Legenden auszulagern.Denn wenn die Information ausgelagert wird, muss das Auge immer wieder zwischen der Legende und den Abbildungselementen hin- und herspringen. Das belastet das Arbeitsgedächtnis unnötig (Mayer, 2021). Vergleichen Sie einmal die Wirkung der grafischen Darstellung oberhalb vs unterhalb des Striches in dieser Abbildung:

Im oberen Teil der Abbildung stehen drei Rubriken ("Multimediale Lerninhalte", "Arbeitsgedächtnis" und "Langszeitgedächtnis"). Unter allen Rubriken stehen Kästen mit weiteren Begriffen wie "Worte" "Bilder" u.ä. Darunter befindet sich unter einem langen Strich dieselbe Abbildung, hier sind allerdings alle Worte und Begriffe durch die Zahlen 1 bis 11 ersetzt, die darunter in einer Legende erlutert werden.

Redundanz vermeiden

Bilder und Worte sollten sich sinnvoll ergänzen.

Abbildungen und Bilder sollten auf Folien oder in Videos am besten für sich allein stehen, so wie im Beispiel links unten. Bei solchen Folien erläutern Sie den Inhalt mündlich (Mayer, 2021).

Im rechten Beispiel steht der Erläuterungstext neben der Abbildung auf einer Folie. Vermeiden Sie es, diesen Ihrem Publikum vorzulesen oder zu paraphrasieren, dadurch schaffen Sie unnötige Redundanz, da bei Ihren Lernenden dann der gesprochene mit dem gedruckten Text konkurriert und das Arbeitsgedächtnis belastet. Damit erschweren Sie das Verstehen der Abbildung.

Links ist eine Folie zu sehen, auf der ein Fließtext eine Abbildung erläutert. Dieselber Erläuterung steht in einer Sprechblase darüber, rechts ein roter Kasten mit Blitzzeichen udn den Worten auditiv und visuell. Darunter steht: Bild + Fließtext + Vorlsen oder Paraphrasieren = REdundanz.
Links ist eine Folie zu sehen, auf der ein eine Abbildung ohne Text steht. Darüber steht in einer Sprechblase die Erläuterung der Abbildung, Rechts ist eine grüner Kasten zu sehen, in dem zwei Hände ineinandergreifen, dazu die Worte auditiv und visuell. Unten im Bild steht "Bild + gesprochenes Wort" und "Bild + geschriebene Stichworte + gesprochenes Wort" mit grünen Haken versehen.

Verkörperung – Seien Sie sichtbar

Wenn Sie Lehrvideos produzieren, dann lernen Ihre Studierenden besser damit, wenn Sie selbst darin sichtbar sind, z. B. beim Erklären vor einer Tafel oder einem Whiteboard. Wenn Sie Screencasts produzieren, in denen die Folien im Vordergrund stehen, dann ist es lernförderlich, wenn Sie als Lehrperson in einem kleinen Bildausschnitt im Video zu sehen sind.

Dasselbe gilt für Onlinevorträge, die Sie aufzeichnen. Auch hier sollten die Folieninhalte im Mittelpunkt stehen, ein kleines Videofenster mit Ihnen als Vortragende*r hilft, die Aufmerksamkeit zu halten. Aber nur, wenn Sie live beim Vortragen zu sehen sind! Ein statisches Foto von Ihnen lenkt hingegen ab (Mayer, 2021).

Links ist eine Grafik eines Videoplayers zu sehen, im Bild erläutert eine gezeichnete Lehrkraft eine Formel an der Tafel. Daneben ist ein Videoplayer mit dem Bild einer Folie mit einer Formel zu sehen, rechts unten im Player das gezeichnete Bild der Lehrkraft, die die Folie im Video gerade erläutert.
Screenshot eines YouTube-Videos. Man sieht die Folie zu einem Vortrag zu Urheberrecht in der Onlinerlehre, rechts oben im Videobild ist die Vortragende eingeblendet.

Lernaufträge statt Infotainment

Die Berücksichtigung mediendidaktischer Prinzipien soll es den Lernenden einfacher machen, mit multimedialen Inhalten zu lernen. Aber gleichzeitig kann dies unsere Studierenden zu einer passiveren Konsumhaltung verführen (Kerres, 2018). Statt einer Erleichterung der Lernanstrengung wird mitunter eine Infotainment-Mentalität gefördert: Lernvideos werden wie Unterhaltungsvideos oberflächlich konsumiert.

Um dem vorzubeugen, ist es wichtig, dass Sie Ihre Multimedia-Angebote in Lernaufträge und Tests einbetten, die der Wissenselaboration und Verfestigung dienen.  
In diesem Beispiel von Johanna Fricke sehen Sie, wie ein solcher Lernauftrag in einem Courseware-Lernmodul zu einem Video aufgebaut sein kann:

Scrrenshot einer Arbeitsaufgabe zu einem Lehrvideo in einem digitalen Lernmodul. im oberen Bereich it ein Lernauftrag zur Elaboration unter der Rublik "Aufgabe" eingestellt (Das Video soll angesehen und Fragen im Blubber-Chat notiert werden sowie die wichtigsten drei Erkenntnisse in Stichpunkten anschließend festgehalten werden). Darunter ist der Player zum Abspielen des Videos links im Bild, rechts der Blubber-Chat-Blog. Darunter steht "Lernaktivität zur Konsolidierung: Reflexion, Zusammenfassung, Fragen, Quiz"

Quellen

  • dghd AG Psychologie und Lehr-Lern-Forschung (2022). Lehrvideos – wann und wie ist der Einsatz sinnvoll? – Erkenntnisse aus Psychologie und Lehr-Lernforschung für Hochschuldidaktik und Hochschullehre. Onlinevortrag vom 27.04.2022. (Zugriff am 24.07.2022) https://www.youtube.com/watch?v=zw93_wkFnyc.
  • Kerres, M. (2018). Lernen mit Text, Bild und Ton. In: M. Kerres: Mediendidaktik: Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote (S. 169-190), Berlin/Boston: De Gruyter.
  • Mayer, R. E. (2021). Evidence-Based Principles for How to Design Effective Instructional Videos. Journal of Applied Research in Memory and Cognition, 10 (2), 229-240. https://doi.org/10.1016/j.jarmac.2021.03.007

Autorin (Text & Bilder): Nathalie Pöpel; Stand: 25.03.2024; Lizenz: CC BY 4.0

Zitiervorschlag: Pöpel, N. (2024). Mediendidaktische Tipps: Multimediales lernförderlich gestalten. Infoportal Lehre. Universität Osnabrück. [Weblink].