Praxisbeispiele

Hier stellen wir Ihnen einige Beispiele aus der hochschuldidaktischen Praxis vor. Diese Beispiele sind weder als Blaupausen, noch als wissenschaftliche fundierte Studien angelegt, sondern sollen Anregungen, Ideen und Fallbeispiele liefern. Ziel eines jeden Beitrags ist also der Einblick in die Arbeit von Lehrenden der Universität Osnabrück und die Überlegungen die in die Gestaltung der Lehre einfließen. Der Fokus kann dabei auf kleinen Details, wie einzelnen Lehrmethoden, liegen oder eine globale Perspektive bieten und beispielsweise ganze Kurskonzepte umfassen. Wenn auch Sie Erfahrungen mit bestimmten Konzepten, Ansätzen oder Methoden mit der Universität teilen wollen, dann nutzen Sie einfach dieses Formular.

Mind-Maps als kollaborative Sicherung und Präsentation

Erfahrungsbericht von Jens Bonk-Wiltfang, Amerikanistik

Inspiriert von einem Online-Kurs auf Harvards EdX-Plattform habe ich in einem meiner Seminare keine klassischen Powerpointfolien verwenden wollen, sondern eine Mind-Map erstellt. Diese bildete den gesamten Kursinhalt in gewissem Sinne „geographisch“ und hierarchisch ab, was ich als Übersicht für späteres Wiederholen des Stoffes oder zum Nachschlagen von Details sehr hilfreich fand. Dadurch kam mir die Idee dieses Format nicht als reines Präsentationstool, sondern zur Sicherung in der jeweiligen Sitzung zu nutzen.

So habe ich in besagtem Seminar am Ende jeder Sitzung mit den Studierenden noch einmal den Inhalt zusammengefasst und direkt, gemeinsam, in einer Mindmap, per Beamer und Laptop, festgehalten. Am Ende des Seminars entstand so einen individuelle Karte des gemeinsamen Lernens, die sich direkt mit den Gesprächen im Seminar deckte.

Die größten Schwierigkeiten waren der Zeitaufwand im Seminar, da das simultane Eintragen von Ideen in die Mindmap und die Gesprächsführung in der Sicherungsphase oft nicht ohne Verzögerungen funktionierte. Dieses spontane Erstellen der Mindmap führt natürlich auch nicht immer zu idealen Ergebnissen, aber das habe ich eher als hilfreiche Rückmeldung zum Verständnis der Studierenden empfunden. Besonders hilfreich war die Mindmap auch zu Beginn der folgenden Sitzungen, da ich auf die Ergebnisse der letzten Woche zurückgreifen konnte und sie als Präsentation verwenden konnte.

Diese Methode würde durch ein Online-Tool zur kollaborativen Erstellung von Mind-Maps deutlich vereinfacht.

Geisteswissenschaftliche Seminare als Projektarbeit

Erfahrungsbericht von Jens Bonk-Wiltfang, Amerikanistik

Über den Zeitraum von drei Semestern habe ich mit dem Konzept eines Projektseminars in der Literatur- und Kulturwissenschaft experimentiert. Dieses Konzept stellt die individuellen Projekte einzelner Studierendengruppen in das Zentrum der Lehrveranstaltung und erlaubt somit nicht nur eine freie Themenwahl im Rahmen des Seminarthemas, sondern fordert insbesondere übergeordnete Kompetenzen wie Teamarbeit, Selbstorganisation und wissenschaftliche Recherche. Die Seminare waren in drei Phasen eingeteilt: zunächst habe ich einige Sitzungen (3-5) geleitet, um das Thema des Seminars zu umreißen und die notwendigen Grundlagen zu legen für den zweiten Schritt, die Projektphase. In diesen Sitzungen wurden die Seminartermine zu einem informellen Ort für Feedback, Austausch und Besprechungen innerhalb und zwischen den jeweiligen Gruppen. Schließlich endeten die Seminare mit zwei Sitzungen in denen die Gruppen Ihre Ergebnisse als Vorträge vorstellten. Durch diesen Ansatz wurden in der zweiten Phase einige Studierende aktiviert, die in der traditionell durchgeführten ersten Phase kaum am Seminargeschehen teilgenommen hatten und einige der Projekte führten zu einer deutliche intensiveren Auseinandersetzung mit dem Stoff als sonst in vergleichbaren Seminaren üblich.

Im Laufe der Semester stellten sich zwei Schwierigkeiten als besonders problematisch und spezifisch für den Hochschulkontext heraus:

  1. Es musste signifikante Seminarzeit zur Schulung der Studierenden in der Projektorganisation aufgewendet werden. Erst als im dritten Projektseminar die entsprechende Vorbereitung im Plenum stattfand waren die Abläufe in den Projektgruppen reibungsloser. Vorher verließen überdurchschnittliche viele Studierende im Laufe des Semesters den Kurs, teilweise ohne Absprache mit ihren Gruppen, was ich als sehr problematisch empfunden habe. Dies begründete sich unter anderem in den langen Pausen zwischen den festen Sitzungsterminen, im Vergleich zu einem Schulkontext. In einem Blockseminar wäre diese Problematik vermutlich weniger relevant.
  2. Während einige Gruppen beachtenswerte Ergebnisse erzielten, waren die Resultate bei anderen Gruppen deutlich unter dem Niveau, das in diesem Modul normalerweise erwartet wird. Diese Gruppen benötigten eine intensivere Betreuung und auch wenn es während der regulären Seminarzeit dafür einigen Raum gab, so war stets die Anzahl der Gruppen zu groß um dem Bedarf gerecht werden zu können. Die freie Themenwahl brachte dabei einige Gruppen ebenfalls in die schwierige Situation mit dem gewählten Ansatz schlicht überfordert zu sein.

Abschließend waren die Projektseminare für mich als Lehrenden eine sehr zwiespältige Erfahrung. Gerade mit kleineren Gruppen in fortgeschrittenen Semestern halte ich diese Seminarform aber für sehr geeignet die Studierenden auf eine eigenverantwortliche Arbeitsweise in einem akademischen Kontext vorzubereiten.

Wiki als kollaborative Wortliste

Screenshot aus dem Wiki, Definition und Synonyme zur Vokabel "Empörung"
Screenshot aus dem Wiki

Erfahrungsbericht von Claudia Nathaus, Sprachenzentrum

In einem fortgeschrittenen Deutsch als Fremdsprache-Kurs (C1-Niveau) erhielten die Teilnehmenden regelmäßig authentische Texte zu tagesaktuellen Themen von mir. Diese Texte dienten zum einen als Diskussionsgrundlage für das Training der mündlichen Kompetenz in den Präsenztreffen, zum anderen aber auch zur Erarbeitung von neuen fachspezifischen Wortschatz.

Zu diesem Zweck legte ich in StudIP ein Wiki an. Die Studierende bekamen neben dem Auftrag den Text zu lesen noch die Aufgabe, 5-10 für sie vorher unbekannte Wörter/Formulierungen aus dem Text herauszusuchen und für jedes Wort/jede Formulierung einen neuen Wiki-Beitrag anzulegen. Dort sollten sie eine Erklärung des Wortes, ein Synonym und/oder einen Beispielsatz hinzufügen. Waren Einträge bereits durch andere Teilnehmende angelegt, sollten die vorhandenen Einträge entsprechend ergänzt werden. Durch diese sich ständig erweiternde Wortliste sollten die Teilnehmenden damit vertraut gemacht werden, dass beim Erlernen neuer Wörter nicht nur eine direkte Übersetzung in die eigene Muttersprache hilfreich sein kann, sondern auch der Rückgriff auf Beschreibungen in der Zielsprache kombiniert mit Beispielsätzen.

Die Arbeit mit authentischen, aktuellen Texten kam bei den Studierenden gut an und auch das Wiki wurde von einem Großteil der Studierenden genutzt. Probleme traten in erster Linie durch Schwierigkeiten der Studierenden mit dem Tool Wiki auf und dieses musste mehrmals erklärt werden. Dies bedeutete aber gerade auch zu Beginn ein erhöhtes administratives Arbeiten meinerseits, um die Struktur des Wikis beizubehalten (doppelte Einträge zusammenführen, alphabetische Sortierung korrigieren, Artikel hinzufügen).

Die Studierenden, die das Tool genutzt haben, haben es als hilfreiche Möglichkeit empfunden, um in Zusammenarbeit mit den anderen Kursteilnehmenden Texte zu bearbeiten und sich komplexeren Wortschatz zu erschließen. Das Ergebnis kommt einem individuellen Wörterbuch gleich, dass so auch die Inhalte des Kurses sichert und für die Studierenden im weiteren Verlauf ihres Studiums als Nachschlagewerk zur Verfügung steht.